Dienstag, 30. August 2011

Mögt ihr Rammstein?

Hinter mit der Abgrund
Das Leben hier in Santa Cruz geht weiter. Da es mit dem Internet hier nicht so einfach ist, weiß ich nie, wann ich das nächste Mal Zeit habe etwas zu schreiben, aber hier kommt erstmal meine nächste Meldung.





Kerzen zur Marienhuldigung
Letzte Woche wurde ich spontan auf einen Geburtstag eines Padres eingeladen, der in einer Gemeinde von Santa Cruz arbeitet und somit dann auch übergeordnet für mich zuständig ist. Am Ende eines jeden Monats gibt es dann auch ein Treffen von der Hermandad hier in Santa Cruz, zu denen ich dann eingeladen werde. Ich habe Pfarrer aus Bolivien, Japan und Korea kennen gelernt, die ausnahmslos gut drauf waren und sich tierisch gefreut haben. Da wir mit unserer Gastfamilie aber in einer unsicheren Gegend leben, wurde ich um zehn wieder mit dem Taxi abgeholt. Nach bolivianischer Zeit kamen da aber erst die ersten Gäste, außer den überpünktlichen Deutschen. Demnach habe ich nur mitbekommen, wie das Schwein (es war noch deutlich zu erkennen) angeschnitten und verteilt wurde. Ich habe mich höflich drücken können.

In den Bergen
Auf dem Rückweg schimmerte der Himmel giftig gelbgrau, was von den Feuern stammt, die abends in der ganzen Stadt entfacht werden um den Müll zu verbrennen, denn eine wirkliche Müllabfuhr gibt es in den wenigsten Vierteln.

Am Wochenende haben wir Santa Cruz mit den anderen Freiwilligen und der Gastfamilie von Christopher verlassen und sind nach Samaipata gefahren. Wir waren zehn Leute und passten demnach wirklich locker in den Bus mit acht Sitzen. Mit Poschmerzen und völlig verschwitzt kamen wir nach einigen Stunden Fahrt durch atemberaubende Berketten, die mich für alle Unanehmlichkeiten entschädigten, an den Inka-Ruinen von Samaipata an. Ein Guide, der wirklich miserabel Englisch sprach, führte uns dann einmal komplett an den Ruinen entlang, die schon mehrere tausend Jahre alt und trotzdem noch deutlich zu erkennen sind. Es war sehr interessant zu hören, was sich die Erbauer bei dem exakten Aufbau nach den Himmelsrichtungen gedacht haben.
Dort habe ich auch gemerkt, dass ein paar Höhenmeter mehr, die Vegetation komplett verändern, die Temperatur jedoch beinahe gleich blieb, denn wirklich kühler war es auch in den Bergen nicht.

Die Inka-Ruinen von Samaipata

Unser kleines Wochenenddomizil
Nach einem kurzen Mittagessen-Stop in der Stadt Samaipata, ging es dann über die Huckelpiste weiter zu den Cuevas. Christophers Gastfamilie hatte ein kleines Häuschen gemietet, von dem aus wir nur drei Minuten Fußweg bis zu den ersten Wasserfällen hatten. Ich habe dort das erste Mal in meinem Leben echte Wasserfälle gesehen und es war wirklich wunderschön. Die ersten waren sehr klein, aber ein Stück weiter fielen sie mindestens 15 Meter in die Tiefe und wir konnten, wie man es bei der Hitze eigentlich dauerhaft tun sollte, endlich schwimmen gehen. Ein bisschen sportliche Betätigung konnten wir dann beim Volleyball finden, am Sonntag dann auch wir Freiwilligen gegen eine Gruppe Bolivianer, die sich dazu gesellt hatten.
Die ersten Wasserfälle meines Lebens!


Faulenzen in der Hängematte vor den Berggipfeln
In der Nacht haben Chris, Lissy, Sven, Sophia und ich dann noch einen nächtlichen Ausflug an die Wasserfälle gemacht und den wunderschönen Sternenhimmel beobachtet und sogar einige Sternschnuppen gesehen. Außer dass der Mond hier irgendwie falsch herum hängt, sieht der Himmel aus, wie in Deutschland.

Duschen unter den Wasserfällen
Wir Freiwilligen vor den Ruinen









Die Rückfahrt am Sonntag war noch abenteuerlicher als die Hinfahrt, denn der Busfahrer kam überhaupt nicht bei uns an. Ein anderer Fahrer sagte uns, dass er einen Unfall gehabt hätte und nicht kommen könne, ein anderer Bus sei aber natürlich auch nicht unterwegs. Da standen wir dann also mit unserem Gepäck und hatten Glück, dass Verwandte von Christophers Gastfamilie noch nachgekommen waren und zwei Autos dabei hatten. Deshalb hieß es dann Rucksäcke möglichst fest aufs Dach geschnürt und mit sechs Leuten in den Viersitzer von einem Cousin mit samt seiner Freundin. Mit Lissys Gitarre im Nacken und meinen Beinen als Rückenlehne für den dritten Platz in der vorderen Reihe gings also wieder zurück. Entschädigung für diese Fahrt war diesmal die Musik für mich, denn die beiden waren die ersten Rocker, denen ich hier begegnet bin und besaßen neben Ohrringen der Toten Hosen auch noch Musik von Rammstein und wunderten sich, als die anderen im Auto sagten, dass sie Rammstein nicht gerne hören, mich mal ausgenommen. In Bolivien hört das wahrscheinlich jeder Rocker, so wie es sich anhörte.
Ein gemütliches Plätzchen
Als wir endlich in Santa Cruz ankamen, waren wir alle tierisch müde und duschbedürftig. Julia und ich waren nur froh, als wir endlich in unseren Betten lagen, denn am nächsten Tag ging ja der Sprachkurs weiter. Der läuft momentan wirklich gut und macht mir viel Spaß. Profesor José ist sehr nett und lustig und ich lerne ziemlich viel dazu.

Das war es auch erstmal wieder von mir
Bis bald
Lisi

Freitag, 19. August 2011

Von der Prinzessin zur rothaarigen Königin

Ich, Julia und Gastmutter Carola
Nun schaffe ich es endlich einmal wieder ein wenig von meinen Erlebnissen hier in Bolivien zu berichten.
Nach meinem letzten Bericht ist schon wieder viel passiert und es fing mit dem Abschied aus La Paz und der Busfahrt nach Santa Cruz an.

Die anderen Freiwilligen habe ich am Dienstag vor einer Woche gesehen, einige blieben in La Paz, andere fuhren nach Sucre. Nur Christopher, Sven, Simon, Lissy, Sophia, Julia und ich setzten uns in den Bus nach Santa Cruz. Der Abschied von den anderen Freiwilligen ging relativ schnell, da wir flott unsere Sachen auf den Minibus hieven und zum Bus Terminal fuhren mussten. Doch wir mussten uns auch von Beatrice und ihrer kleinen Tochter Maria verabschieden, die in dem Schwesternhaus in La Paz für uns gesorgt hatte. Sie hat uns sogleich angeboten sie nochmal zu besuchen, wenn wir in La Paz sind, was wir in diesem Jahr vielleicht noch einmal schaffen werden. Für die herzliche Umsorgung bedankten Julia und ich uns mit einer lieben Umarmung und ein paar Süßigkeiten aus den gesammelten Gastgeschenken.

Ein Mandarinenbaum im Garten!
Dann wurde es anstrengend, denn es hier 17 Stunden Bus fahren, obwohl es eigentlich schlimmer klingt, als es letztendlich wirklich war, denn Araceli hatte für uns einen Bus Cama gemietet, was ein richtiges Luxusding war. Ein großer Reisebus, mit nur drei breiten Sitzen in jeder Reihe, die man annähernd horizontal einstellen konnte, sodass man es wirklich bequem hatte. Nachdem ich in La Paz Minibus gefahren bin und auch die anderen Verkehrsmittel gesehen hatte, war ich wirklich erstaunt, denn solche Sessel habe ich noch nicht mal in Deutschland gesehen. Die Filmauswahl des Fahrers fiel aber dafür wirklich miserabel aus und anstatt den dritten Teil eines schlechten Boxfilms zu sehen, habe ich versucht etwas zu schlafen.
Als ich wieder wach wurde, waren wir eindeutig schon in Santa Cruz, denn aus den Fenstern konnte ich Palmen in rauen Mengen sehen. Von dem Anblick so gefesselt konnte ich nicht mehr schlafen und genoss stattdessen den Sonnenaufgang über der Ebene, denn hier war wieder alles flach. Wir fuhren noch einige Stunden an sehr kleinen, ärmlichen Hütten vorbei, die ich als sehr gemütlich bezeichnen würde, bis wir dann irgendwann in der Stadt Santa Cruz ankamen.

Es ist riesig groß und dennoch hat man kaum das Gefühl einer Stadt, denn es gibt keine Hochhäuser. Auch Häuser mit mehr als drei Etagen sind selten, weshalb alles überschaubar wirkt, doch sich zurechtzufinden ist eine ganz andere Sache. Am Busterminal wurden wir herzlichst von unseren Gastfamilien empfangen, verabschiedeten uns vorläufig von den anderen Frewilligen und Julia und ich fuhren mit unserer Gastmutter Carola im Taxi zu ihrem Haus. Zwischendurch mussten wir jedoch anhalten, denn obwohl wir schon alle Pullover von uns geworfen hatten, war es unglaublich heiß und wir brauchten dringend etwas zu trinken. Noch nie habe ich mich so über kaltes Wasser gefreut!
Die Schule, an der Carola arbeitet




Das Haus in dem wir leben in wirklich sehr groß und außer Carola wohnen hier noch ihre Eltern, ihre Tante und nebenan im Haus ihre Schwester mit Mann und zwei Kindern (ein und vier Jahre alt und herzallerliebst). Der Garten drumherum toppt allerdings alles, denn er ist riesig und überall stehen Palmen, Orangenbäume und weitere Früchte, die ich nur aus dem Supermarkt kannte, oder völlig unbekannte. Draußen laufen auch noch ungefähr sieben Hunde, eine Katze, einie Gänse und Hühner und zwei Papageien rum, die manchmal sogar „Hola!“ sagen. Die Einrichtung ist aber eher spartanisch, was aber wahrscheinlich dem bolivianischen Stil entspricht. Nicht ganz meinen Geschmack treffen auch die ganzen kitschigen Jesusbildchen, aber jedem das Seine.

Gleich am ersten Abend in neuer Umgebung gingen wir auf die Hauptplaza in Santa Cruz zur Messe, die draußen vor der Kathedrale stattfand. Es war deutlich schöner als in La Paz! Danach fielen Julia und ich erschöpft in unsere Betten, aber es fiel schwer bei der auch während der Nacht andauernden Hitze zu schlafen. Das Frühstück trifft hier leider nicht ganz meinen Geschmack, denn bisher besteht es aus süßlichem Brot mit Butter...

Der Sprachkurs mit Lissy, Simon und Sven zusammen bei Profesor Jose ist dafür aber wirklich gut und ich denke, dass wir ganz gut vorankommen, vor allem lernen wir nicht nur die Sprache, sondern auch wirklich viel über die bolivianische Kultur und das ist wirklich richtig interessant.
Nach unserem Unterricht fuhren wir mit Carola in die Schule, an der sie arbeitet und setzten uns zu ihr in den Unterricht, der im Gegensatz zu Deutschland wirklich vollkommen anders ist. Die Kinder sind aber mindestens genauso niedlich, vor allem weil wir die Attraktion des Tages waren, denn blasse Haut und rote Haare fallen zwischen den dunkelhäutigen, schwarzhaarigen Leuten um uns herum doch auf.
Abends lernten wir Tradition hautnah kennen, denn es fand eine Andacht für den seit einem Jahr verstorbenen Onkel Carolas statt. Hieß: kitschiger Altar, 30 Stühle und Leute, Gebete und Gesang zwischen zwei dicht beieinanderstehenden Häusern. Danach gab es auch noch ein Festmahl, was wir allerdings ausließen.

Mit unseren Gastgroßeltern waren wir schon auf einem gigantischen Markt, wo meilenweit nur Obst und Gemüse war. So weit das Auge reichte, waren da plötzlich Zwiebeln und auf der anderen Seite des Ganges dann Kartoffeln. Es war zwar eng und voll, aber vor allem berauschend.
Abends dann auf einem Markt etwas anderer Art mit Carola, fühlten Julia und ich uns nicht ganz so wohl, denn plötzlich waren wir von turmhohen Ständen mit Klamotten, Plastikzeug und Technik, sowie einem unangenehm künstlichen Geruch umgeben. Es war sehr anstrengend und wir waren froh als wir diese Made-in-China-Welt hinter uns lassen konnten.

Saeckeweise Reis und andere Sachen
Am Sonntag morgen habe ich hier in Bolivien die bisher schönste Messe erlebt. Wir waren in der Kapelle in unserer Straße, beinahe schlicht, wo eine Trommel und ein Schellenkranz zwei Sängerinnen begleitet haben. Der Pfarrer war total freundlich und hat uns -peinlicherweise- nach der Predigt nochmal der ganzen Gemeinde vorgestellt. Als würden wir nicht schon genug auffallen, vor allem ich, weil ich 90 Prozent der Leute hier um einen Kopf überrage.

Anfang der Woche habe ich dann endlich wieder etwas richtig Gutes zu Essen bekommen. Am Montag waren wir bei Christophers Gastfamilie eingeladen und es gab Reis, Kartoffelbrei und Brokkolisuflée zum Hühnchen. Endlich konnte ich mich mal wieder sattessen. Dienstag waren wir in einem wirklich guten Café über Mittag und Mittwoch durften wir Freiwilligen alle zusammen bei Christophers Familie kochen und wir haben es tatsächlich geschafft einen leckeren Kartoffelauflauf mit Salat und Fleisch zu machen, der auch seiner Gastfamilie geschmeckt hat.
Die Reaktionen auf uns sind sehr interessant. Taxifahrer fahren langsamer, weil sie uns mitnehmen wollen, Händler ziehen uns gnadenlos über den Tisch und an einem Tag wurden Julia und ich von einem älteren netten Herr „Prinzessinen“ und von einem Betrunken als „rothaarigen Königinnen“ bezeichnet.

Am Montagabend haben Julia und ich dann an der großen Abschlussanbetung der Jungfrau teilgenommen, die seit einer Woche jeden Abend auf unserer Terasse angebetet wurde, doch da es statt wie geplant um 8 erst um 10 losging, ließen wir das Festmahl danach aus und fielen totmüde von der Hitze ins Bett, denn hier ist es wirklich heiß und das macht uns immer ganz schön müde.
Hektischer Marktalltag
Dienstagabend fuhren wir mit zur Überraschungsparty für Carolas Tante, die Geburtstag hatte. Da stieg aus dem Taxi vor uns gleich eine kleine Kapelle aus und wir fielen mit viel Lärm bei ihr ein, wo ich dann auch meine erste Tanzerfahrung in Bolivien machte. Ich glaube, dass ich mich nicht ganz so schlecht angestellt habe. Zumindest haben sie immer gelacht, oder das bedeutete, dass ich völlig idiotisch ausgesehen habe...wer weiß das schon.

Heute Abend gehen wir Freiwilligen im Sprachenzentrum, wo unser Kurs stattfindet „Sonnenallee“ gucken und anschließend noch den Irish Pub nebenan testen. Heute ist ein wirklich angenehmer Tag, denn es hat das erste Mal, seit ich hier bin geregnet und die Temperaturen sind wirklich angenehm, sodass man nicht die ganze Zeit schwitzt und müde ist.

Ich melde mich bald wieder
Liebe Grüße aus dem heißen Santa Cruz de la Sierra
Lisi
Sierra heisst Wueste

Sonntag, 7. August 2011

Linksumdrehung

So liebe Leute, hier kommt meine erste Meldung aus Bolivien!

Am 3. August bin ich von Hannover aus los geflogen. Der Abschied viel mir nicht leicht, dennoch siegte die Vorfreude auf mein Abenteuer über den Drang zu weinen. Mit dem Gepäck hat ein Glück alles geklappt: meine Koffer hatten das richtige Gewicht, mein Rucksack war nicht zu groß als Handgepäck und die Fluggesellschaft hat es sogar geschafft die Koffer durch zu schicken, sodass wir sie zwischendurch nicht abholen und neu aufgeben mussten.

Flug Hannover – Zürich, Swiss Air
Ein recht kurzer, aber sehr angenehmer Flug. Wir hatten bequeme Sitze, es gab lecker Schnittchen und die Stewardessen waren total nett und wünschten uns alles Gute für unser Auslandsjahr.

Flug Zürich – Sao Paulo, Swiss Air
Mein bisher längster Flug, von ungefähr 12 Stunden. Nachdem man durch die Erste Klasse gegangen war, wurde man von der Zweiten schon sehr enttäuscht, denn die Sitze waren natürlich viel enger zusammen, doch Larissa und ich hatten Glück und saßen in der ersten Reihe, wo wir unsere Beine toll ausstrecken konnten. Zum Abendbrot und Frühstück gab es dank Swiss Air richtig leckeres Essen und die Sitze waren auch soweit bequem, dass wir ganz gut schlafen konnten. Nur die Toilettentür direkt neben unseren Sitzen, hat etwas gestört. Doch die Stewardessen waren auch bei diesem Flug sehr nett und haben uns sogar ein paar Sachen aus der Kindergeschenkekiste von Swiss Air geschenkt.

Flug Sao Paulo – Santa Cruz, Aero Sur
Ein zehnstündiger Aufenthalt in Sao Paulo erwartete uns am wohl langweiligsten Transitbereich der Welt. Es gab: nichts! Da waren vielleicht fünf Läden, die völlig überteuert waren und ein Mini-Sandwich 10 Dollar gekostet hat. Deshalb habe ich gehungert und wie alle anderen gefroren, denn die Klimaanlage war viel zu stark eingestellt. Das einzig Schöne war der Sonnenaufgang, den wir über dem Flugplatz beobachten konnten. Dazu kam noch ein bisschen Faszination, denn ich weiß nicht, wie es bei euch ist, aber hier dreht sich das Wasser links herum durch die Kloschüssel.
Als wir alle ziemlich am Ende mit den Nerven waren, ging es dann doch irgendwann weiter, doch besser wurde es nicht unbedingt. Zwischen Swiss Air und Aero Sur liegt ein himmelweiter Unterschied. Nicht nur, dass wir uns gleich an die bolivianische Unpünktlichkeit gewöhnten (der Flieger kam eine halbe Stunde zu spät), sondern es war auch eng, dreckig und meiner Meinung nach nicht ungefährlich. Schon die Stewardessen vermittelten einen so miserablen Eindruck mit ihrem genervten Gesichtsausdruck und der Flug, sowie die Landung waren nicht unbedingt angenehm.

Flug Santa Cruz – La Paz, Aero Sur
Den letzten Flieger hätten wir eigentlich verpassen müssen, hätte er nicht, genau wie der vorige Verspätung gehabt. So erwischten wir ihn noch und mir war endlich mal wieder warm. Die Stewards waren deutlich motivierter und obwohl auch der Flieger keinen 100% vertrauenswürdigen Eindruck machte, entschädigte der Blick über La Paz bei Nacht. Ein gigantisches Lichtermeer, das sich über Berghänge zog, entschädigte für die Unannehmlichkeiten.

Am Flughafen waren wir dann alle völlig fertig und dennoch glücklich, endlich da zu sein. Bei mir kam aber gleich der Schock, denn ein Koffer fehlte. Doch die Fluggesellschaft versicherte mir, dass er mit dem nächsten Flieger kommen würde und ich ihn dann abholen könne, also versuchte ich die schlechte Laune zu verdrängen. Das war einfacher als gedacht, denn mit 16 Leuten im Minibus (im Prinzip ein Bulli, mit ein paar mehr Sitzen), ohne Anschnaller und dem Gepäck auf dem Dach, ging es ziemlich zügig über eine breite, schlaglochübersäte Straße von El Alto runter nach La Paz. Der Blick in die Täler war wieder faszinierend, denn man sah überall gelbliche Lichter schimmern, soweit das Auge reichte.

Die Unterkunft in dem Schwesternhaus mitten in La Paz ist relativ komfortable. Ich schlafe mit Julia in einem Dreibettzimmer, mit eigenem Badezimmer. Die Matratzen sind so durchgelegen, dass man immer in die Mitte rollt, egal wie man sich dreht und die Amaturen der Dusche verpassen einem regelmäßig Stromschläge, was in Verbindung mit Wasser irgendwie gefährlich wirkt.
Frühstück bekommen wir hier im Haus, was allerdings von Tag zu Tag schlechter wurde. Am Anfang gab es noch Butter und Marmelade, sowie eine Obstschale. Heute gab es durch gewisse Umstände nur noch ungetoastetes Toastbrot. Zu Mittag gehen wir in ein für hiesige Verhältnisse teures Restaurant und abends suchen wir uns selbst etwas, oder lassen es bleiben.

Am Samstag fing dann das Einführungsseminar mit Araceli und Magnus an, mit Themen, wie „Leben in Gastfamilien“ und „Praktische Tipps“. Es ist wirklich informativ, aber teilweise das Gleiche wie auf dem Vorbereitungsseminar und doch relativ monoton, wobei die unbequemen Stühle nicht gerade zur Erheiterung beitragen. Dennoch hat man vom Büro der Hermandad (Partnerschaft zwischen Trier/Hildesheim und Bolivien), das im achten Stock liegt einen super Ausblick über das Häusermeer La Paz's und in der Ferne auf ein paar schneebedeckte Gipfel.

Die Höhe merke ich deutlich. Zwar habe ich nicht direkt die Höhenkrankheit, doch nach einer einzigen Treppen, schlägt mein Herz wie nach einer Runde um den Sportplatz laufen und ich muss eine kleine Pause machen um wieder zu Atem zu kommen.

Am Dienstag fahre ich dann mit sechs anderen der Freiwilligen und Araceli mit dem Bus 17 Stunden lang nach Santa Cruz, wo ich zusammen mit Julia in einer Gastfamilie lebe und wir alle vier Wochen lang einen Sprachkurs machen werden, nachdem ich mich hoffentlich verständigen kann. Momentan hapert es ziemlich, auch wenn ich zumindest ein Drittel des Gesagten verstehen kann.

Hiermit erstmal herzliche Grüße aus dem kann-man-nicht-beschreiben-sondern-muss-man-erleben La Paz
Eure Lisi

Montag, 1. August 2011

Wie wird Quiche geschrieben?

So meine Fähigkeit zu Schlafen lässt langsam aber sicher nach.
Nachdem letzte Woche Jakob, Medi und Marius ihren Geburtstag auf dem Wohldenberg gefeiert haben und es wirklich ein tollen Abend mit vielen lieben Leuten war, ging es wieder beim Verabschieden weiter. Von einigen der Leute musste ich mich schon am Samstagabend verabschieden, von meinem Cousin Felix und seiner Freundin Sarah dann am nächsten Morgen, als sie sich wieder auf den Heimweg machten.
Am Beginn der Woche war dann die andere Seite der Familie an der Reihe, denn Dienstag und Mittwoch ging es mit dem Zug mit Medi nach Eslohe zu meiner Oma, meinem Onkel, meiner Tante, zwei Cousins und einer Cousine. Zwar waren wir wirklich nur ganz kurz zu Besuch dort, aber immerhin habe ich sie vor meinem Jahr Ausland nochmal gesehen und konnte mich ordentlich verabschieden, nachdem das Kanuwochenende ins Wasser gefallen war.

Die Bolivien-Notfallbox :)
Nach einem ruhigen Donnerstag, habe ich mir dann am Freitag wieder einmal mit Theresa zusammen den Hintern platt gesessen, weil wir auf dem Weg nach Fulda waren: Musical! Diesmal war die Päpstin dran und es war zwar deutlich kleiner als das Musical in Hamburg, aber gemütlich und von der Qualität kein Stück schlechter. Obwohl wir bei der Rückfahrt durch verspätete Züge einige Male rennen mussten, kamen wir doch ganz glücklich wieder Zuhause an.

Gestern Abend habe ich dann mit einigen Freunden zusammen gesessen, gut gegessen (ein Glück kann ich inzwischen doch ein bisschen kochen) und einen netten Abend miteinander verbracht. Es gab Tomatenquiche, Mousse au chocolat und ein paar Runden Bohnanza, die uns dazu veranlassten bis spät in die Nacht zu quatschen. Dann ging es schon wieder mit dem Abschied weiter, denn das war der letzte gemeinsame Abend mit ihnen für ein Jahr.

Die Koffer sind beinahe fertig gepackt!
Wenn ich die Tage mal ein bisschen Zeit zwischendurch hatte, habe ich an meiner Packliste (sehr unvollständig) weitergeschrieben, irgendwelche Schränke von Schuhen bis Klamotten sortiert und geordnet und angefangen im Gästezimmer Stapel bereitzulegen. Es wird mit Sicherheit alles in den Koffer passen und eigentlich bin ich ganz entspannt, was das Vergessen angeht. Die Gastgeschenke und die wichtigen persönlichen Dinge, werde ich nicht vergessen und alles andere kann ich mir zur Not auch in Bolivien kaufen, von daher mache ich mir da keine Panik.

Ich tigere einfach weiter durchs Haus und lege mir immer ein paar Sachen mehr zurecht, damit ich dann morgen gucken kann, wie ich es einpacke. Jetzt freu ich mich erstmal drauf, dass Medi heute vorbeikommt und Jakob auch am Mittwoch da ist, denn dann geht es tatsächlich schon los! Kaum zu glauben...