Samstag, 17. September 2011

Gib Canela in la Tetera, dann wirds Té

Hallo El Torno, sag ich mal. Seit Samstag bin ich sicher in meinem neuen Zuhause angekommen und freu mich riesig hier zu sein, aber vorher sind noch ein oder zwei Sachen in Santa Cruz geschehen.

Der Hahn mit seinen Huehnchen im Garten
Am letzten Montag hat unsere Gastfamilie nӓmlich alle Freiwilligen zu uns eingeladen um für uns zu kochen. Wie immer gab es Reis mit Hühnchen, aber immerhin auch noch ein bisschen Salat und Yuka, die echt lecker ist, wie ich finde. Der Reis war dafür aber richtig doll versalzen und man konnte den Probierlöffel, den man erstmal genommen hatte, kaum runterwürgen. Nach dem Essen haben dann die beiden Papageien einen Schlag davon gekriegt; dass sie nicht von innen ausgetrocknet sind, wo sie doch kein Wasser haben, wunderte mich etwas. Reis ist sowieso das Universalfutter für alle Tiere in der Gastfamilie gewesen, die Hunde haben ihn genauso bekommen, wie die Hühner und Gӓnse, wobei einer der Hunde eher so aussah, als hӓtte er seit drei Wochen nichts mehr gegessen. Ich bezweifle leider, dass ich bei meinem nӓchsten Besuch noch alle Tiere wiedersehe, aber daran kann ich nun leider nichts ӓndern.

Die Katze in Santa Cruz
Ich bleibe noch ein bisschen beim Essen, denn am Dienstag haben Julia und ich dann für unsere Familie gekocht. Es gab eine Nudel-Gemüse-Pfanne, für alle außer mich auch noch mit Hühnchenstreifen, und die schien allen ganz gut geschmeckt zu haben. Danach haben wir uns noch an einen Apfelkuchen gewagt, den es hier wirklich einfach nicht gibt! Wie traurig für alle Kinder, die ohne Apfelkuchen aufwachsen müssen! Wir haben ihn dann schön frisch aus dem Ofen serviert und das war unser Fehler, denn warme Sachen isst man in Bolivien eher weniger, weder Brot noch Kuchen und dementsprechend wenig wurde er gegessen. Als er abgekühlt war, wurde aber scheinbar nochmal genascht, denn am Abend fehlten noch ein paar Stücke, so schlecht war er dann also doch nicht. Julia und mir hat er auf alle Fӓlle richtig gut geschmeckt und er hatte einen Touch von Weihnachten…

Dienstag und Mittwoch standen dann auch im Goethe-Zentrum die Prüfungen für unser Zertifikat an, was wir alle bestanden haben, für Niveau A1 oder A2. So richtig schwer war es auch nicht, denn wir mussten einen kurzen Vortrag über ein beliebiges Thema halten (ich hab den Holler Firlefanz gewӓhlt), dann einen schriftlichen Test und am Mittwoch dann noch ein lockeres Gesprӓch mit beiden Lehrern. Nicht so wirklich schwer und ich habe nun eine Bescheinigung, dass ich ein bisschen Spanisch kann. Nachmittags waren wir dann alle zu Profesora Theresa eingeladen, die una piscina a la casa hat. Wir waren davon ausgegangen, dass es so ein Aufstellpool ist, wo man kaum drin schwimmen könnte, doch als wir das Haus sahen, groß, sehr modern von außen und innen also so gar nicht bolivianisch, war klar, dass es ein richtiger Pool war. Schön mit Sandsteinen umgeben, eine Hӓngematte auf der Terasse und toll begrünt. Also ab in die Badeklamotten und rein ins Vergnügen, denn es tat echt gut bei der Hitze mal ins kalte Wasser zu springen.

Gartendekoration
Ins kalte Wasser springen, war dann auch für Julia am Donnerstag dran, denn weil sie am Freitag schon bei einer Fiesta in ihrem Internat in San Ignacio de Moxos sein sollte, fuhr sie bereits am Donnerstag Abend mit der Flota (Reisebus) in Richtung Trinidad los. Vorher waren wir aber nochmal im Goethe-Zentrum, weil der Praktikant aus Deutschland, Paul, neue Fotos für die Website des Institutes machen wollte, wo Deutsche und Bolivianer zusammen lernen und da konnten wir natürlich nicht Nein sagen; vielleicht werden wir also nun das neue Gesicht des Zentrums!
Nun war ich sola en la casa. Aber auch ohne Julias Spanischkünste, kam ich einigermaßen zurecht und war dann mit Carola am Freitagmorgen endlich mein neues Netbook kaufen, denn das, was ich vorher gekauft hatte, hat nach einer Woche den Geist aufgegeben, dann wollten sie es reparieren, was nicht funktioniert hat und sagten dann, dass es 15 Tage dauert ein Neues zu bestellen. Das wӓre mir aber zu spӓt gewesen, weil ich dann wegen des Netbooks nochmal nach Santa Cruz hӓtte fahren müssen und so hab ich mich dazu entschieden für ein paar Dollar mehr ein anderes zu kaufen, welches bisher tadellos funktioniert und ich hoffe, dass ich nicht nochmal in den Laden muss, denn die Leute mit ihrer endloooooos langsamen Art kann ich nicht mehr sehen, ohne schlechte Laune zu kriegen.

Auch in El Torno gibts Muellhaufen
 
Am Samstag wurde ich dann um fünf Uhr morgens geweckt, weil Padre Freddy Carola angerufen und gebeten hatte möglichst bald loszufahren, weil er einen Ausflug machen wollte, wo ich doch am besten gleich mitkommen sollte. Also hieß es innerhalb von zwei Stunden wach werden, duschen, fertig machen und Koffer packen/stopfen. Dann mit der halben Familie, denn wenn Auto gefahren wird, sind immer möglichst alle mit dabei, ab zum Busterminal und zack zack in den nӓchsten Micro (kleinerer Bus mit ungefӓhr 20 Sitzen) nach El Torno. Weil der Bus aber nicht durchfuhr, sondern immer wieder anhielt um Fahrgӓste ein- und aussteigen zu lassen, brauchten wir anderhalb Stunden in mein neues Zuhause.

Da wurde ich dann von dem wirklich netten Padre Freddy Serrano Nina begrüßt. Er ist einen Kopf kleiner als ich, bajito (netter Ausdruck für krӓftige Menschen) und wirklich locker drauf. Dann haben wir schnell meine Koffer bei meiner Gastfamilie untergebracht, was ich in dem Moment noch nicht ganz verstanden hatte und  weil alles so schnell ging, auch kaum Hallo sagen konnte, und ab ins Auto. Nach einer abenteuerlichen Fahrt über eine Staubstraße, durch den Rio Pirai (der momentan kaum Wasser führt) und durch unzӓhlige weitere ausgetrocknete Bachbetten, kamen wir an den Espejillos an. Es war ein wunderschönes Flussbett und am Ende einer kurzen Wanderung konnten wir einen wunderschönen Wasserfall bewundern. Padre Freddy und Padre Ezequiel aus Santa Cruz sprangen gleich ins Wasser und kühlten sich ab. Da ich aber keine Badeklamotten mithatte, begnügte ich mich damit die Schmetterlinge zu bewundern, die sich am Wasser tummelten. 

Einer der wunderschoen grossen Schmetterlinge
Mein Zimmer und die Kueche
Wieder in El Torno hatte ich endlich Zeit meine Gastfamilie mal ein bisschen kennenzulernen. Meine Gasteltern sind Lourdes und Pablo. Lourdes ist eine Chola, also eine Indigene, die traditionelle Kleidung trӓgt, welches aus einem Rock, einer Bluse, einer Schürze und besonders wichtig: dem Hut besteht. Wӓhrend es in La Paz traditionelle Bowler’s waren, sind es hier im Tiefland Stohhüte, unter denen die meist hüftlangen geflochtenen Zöpfe hervorragen. Pablo ist einer der dunkelsten Bolivianer, die ich bisher getroffen habe, was wohl daran liegt, dass er draußen arbeite. Es ist ein wenig schwer zu verstehen, aber für mich wird es dann meist nochmal übersetzt. Meist von einem meiner Gastgeschwister. Es sind eigentlich sieben Kinder, von denen jetzt noch drei hier im Haus leben. Zuerst kommt Juan, der vier Jahre ӓlter ist als ich und auch hier in der Nӓhe arbeitet und zur Uni geht. Er und seine ӓltere Schwester Betsy, können mir das Meiste verstӓndlich machen. Betsy hat Soziologie studiert und erwartet in etwa acht Monaten ein Baby. Das weiß hier aber bisher nur die Familie und der Padre, den sie hat keinen festen Freund oder Ehemann, und sie sind ja doch alle sehr katholisch hier. Und dann kommt Litzi, die knapp über dreißig ist und mit mir in der Biblioteca Santiago Apostol arbeitet. Vormittags arbeitet sie am Colegio und nachmittags in der Bibliothek.

Der "kleine" Wasserfall am Samstag
Das Haus ist sehr schlicht gehalten, was mir aber ganz gut gefӓllt. Zur Straße hin ist ein Lagerraum, der wenig genutzt wird und dann die Küche, die offen ist. Sie besteht aus einer Küchenzeile und einem Esstisch und eben nur zwei Wӓnden. Nebenan ist noch ein kleiner Raum, wo Geschirr und Essen lagert. Zwischen dem Teil des Hauses und dem hinteren ist ein etwa zwei Meter breiter Durchgang, wo die drei Papageie leben. Ich muss nur immer aufpassen, dass ich mir den Kopf nicht stoße, denn es ist nicht alles für größere Menschen ausgebaut. Von dem Durchgang geht eine Tür zu Litzis Zimmer und eine ins Wohnzimmer ab, dann kommt ein Flur, von dem aus es zu den anderen Zimmern geht: dem meiner Gasteltern und –geschwister und zu meinem. Am Ende des Flures ist noch eine Tür, die in den Hinterhof führt. Dort erwartet einen ein großes Waschbecken zum Wӓsche waschen, eine Dusche und eine Toilette. Außerdem unzӓhlige Hühner und Gӓnse, zwei Schweine, und drei Hunde, sowie zwei Welpen. Insgesamt ist es wirklich extreme anders als in Deutschland und auch nochmal etwas ganz anderes, als in Santa Cruz, aber mir gefӓllt es und bis auf die auschließlich kalte Dusche, werde ich mich sehr schnell an alles gewöhnen, glaube ich. Ich helfe immer mal in der Küche und lerne dort fleißig die benötigten Vokabeln, wie Canela (Zimt), Tetera (Wasserkessel) und Papas Fritas (Pommes Frites).

Der grosse Wasserfall - von oben

Was mich freut, ist dass die Gastfamilie gemeinsam isst, was bei Carola leider nicht der Fall war. Außerdem sind es nur zwei Mahlzeiten am Tag und nicht fünf. Es gibt gemeinsames Frühstück zwischen sieben und acht und um ein Uhr gibt es dann Mittagessen. Es sind natürlich nicht immer alle da, aber man isst nicht alleine und kann sich ein bisschen unterhalten, was beinahe schon klappt auf Spanisch. Englisch oder deutsch kann hier jetzt auch einfach keiner mehr, aber dadurch werde ich sicherlich schneller lernen. 

Einer der beiden Welpen
Sonntags fiel dann einer der drei Gottesdienste aus, weil Ferria de la Biblia war. Heißt, dass alle Kommunion- und Firmgruppen (sind hier insgesamt an die dreihundert Kinder und Jugendlichen) Stӓnde aufgebaut und dort in irgendeiner Art und Weise die Bibel preasentiert haben. Sehr interessant, obwohl ich echt lange gebraucht habe um überhaupt zu verstehen, worum es eigentlich geht. Nachmittags habe ich dann mit Litzi und nun unserer gemeinsamen Firmgruppe den Gottesdienst am Abend vorbereitet und gemerkt, dass man auch, wenn die Zeit drӓngt, innerhalb von 20 Minuten in Santa Cruz sein kann. In den Gottesdienst wurde ich natürlich gleich eingespannt und habe die Früchte zum Altar getragen und musste mich am Ende des Gottesdienstes der kompletten Gemeinde vorstellen. 

Die Toilette, tip-top geputzt
Montag war dann mein erster Arbeitstag in der Biblioteca. Eigentlich werde ich vormittags und Litzi nachmittags arbeiten, aber bis ich mich zurechtfinde, ist sie morgens geschlossen und nachmittags sind wir beide da. Die Bücherauswahl beschrӓnkt sich auf fünf Regalreihen und es ist auch nicht möglich, die Bücher mit nach Hause zu nehmen, denn dann würden sie wohl nicht mehr wieder kommen. Also sagen die Schüler, welches Buch sie brauchen, die meisten wissen genau welches, ich hole das Buch, sie arbeiten an den Tischen in der Biblioteca und zahlen nach der Benutzung 50 Centavos (ungefӓhr 5 Cent). Die Sprachkurse, die Sabrina in Englisch und Deutsch gegeben hat, werde ich wahrscheinlich weiterführen, wann ich genau damit anfange, weiß ich aber noch nicht und Litzi warnte mich schon, dass am Anfang viele kommen werden und dann immer weniger. Aber das ist vielleicht gar nicht so schlimm, denn mit weniger Leuten, kann man ja leichter arbeiten, genau wie bei uns im Spanischkurs. Aber das wird sich irgendwie finden, wenn ich ein bisschen besser Spanisch spreche.


 











In den letzten Tagen habe ich dann an so vielen Messen teilgenommen, wie sonst nicht mal in einem Monat, denn ich war mit Padre Freddy en el campo unterwegs. Mit Campo ist das Umland gemeint, wo es keine festen Dörfer gibt, sondern immer nur vereinzelt Hӓuser, die in Gemeinschaften zusammengefasst sind. Dort gibt es dann für die Anwohner einmal im Monat einen Gottesdienst. Die Orte, wo die Messen abgehalten werden, sind völlig unterschiedlich. Einmal gibt es wirklich ein festes Gebӓude, mit Altar und sogar einem Tabernakel an der Wand, oder eher ein vielfach genutztes Haus, wo ein Tisch und Bӓnke aufgestellt wurden, oder einfach gar kein Haus, sondern eine Plane gegen die Sonne – die natürlich in bolivianischer Kopfhöhe angebracht wurde, also so auf 1,65 m – und einen Tisch mit Stuhl für den Padre. Nach den Gottesdienstes wurde dann in den sehr armen Gegenden auch noch Kleidung verteilt. Insgesamt kennen mich jetzt sehr viele Leute und sie waren wirklich ausnahmslos sehr zuvorkommend und nett zu mir. Es ist wirklich schön zu erfahren, dass man als Fremde, die noch nicht mal die Sprache richtig kann, so herzlich bei allen aufgenommen wird. Nach der ersten Messe habe ich dann mit dem jungen Pfarrhelfer einen kleinen Abstecher zu einem Wasserfall gemacht. Gigantisch! Die Fotos können das Gefühl gar nicht wieder geben. Zuerst hörte man es leise rauschen und sah ein kleines Bӓchlein dahin fließen und plötzlich ging es abwӓrts. Mindest hundert Meter! Ein fantastisches Gefühl sich an die Kante zu setzen und in die Tiefe zu blicken. Wie das erst aussehen muss, wenn Regenzeit ist und der Bach ein wirklicher Fluss. Atemberaubend!













Ich habe inzwischen auch schon zwei Leute kennengelernt, die ein paar Worte auf Deutsch mit mirgewechselt haben. Zum Einen ist das Padre Herbert aus Santa Cruz, der vor 50 Jahren das Saarland hinter sich gelassen hat. Er hat mir netterweise seine Adresse gegeben, damit ich Post kriegen kann und mir ein Pan Aleman geschenkt, also ein Brot, dass einfach ohne Zucker ist. Gar nicht so schwer, aber die Bolivianier schaffen es irgendwie doch eher nicht. Die zweite war dann gestern eine Schwester, die ursprünglich aus der Schweiz kommt und ganz begeistert war mich kennenzulernen. Am Ende sagte sie mir dann auch noch, dass ich bei ihr immer aufs Herzlichste willkommen bin.

Padre Freddy bei der Arbeit


So, das ist meine erste Meldung aus meinem neuen Zuhause in El Torno                                          
Saludos
Lisi

2 Kommentare:

  1. Supi Lisi, höh das reimt sich.
    Hört sich ma wieder gut an und ich finde es gut das alles wieder Anders ist. Den Bach oder Fluss in der Regenzeit will ich auch sehen muss mich halt mit nem Foto von dir begnügen.
    Viel spass noch

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  2. Bei so einem faszinierenden Anblick hast du wohl deine Höhenangst vergessen ^^

    Sei gedrückt
    Medi

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